Aus der Zeitung III

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Der Teckbote im Juli 1990:
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Tempolimit ignoriert: Am Aichelberg drohen schwere Unfälle

Seit Sonntag rollt der Autobahnverkehr am Aichelberg über die neue Trasse. Doch verbessert hat sich die Situation an dem unfallträchtigen Streckenabschnitt der A8 deshalb noch nicht. Denn bis zu entgültigen Fertigstellung im Dezember wird er gesamte Verkehr auf einer Fahrbahn mit vier Fahrstreifen geführt. Dies läßt nach Meinung des Polizeihauptkommissars Klaus Schulz, dem Leiter des Autobahn-Polizeireviers Mühlhausen, schwere Unfälle befürchten. Zwar sei die Geschwindigkeit auf 60 und 80 km/h begrenzt, doch zeige die Erfahrung der ersten Tage, daß sich die Autofahrer nicht daran hielten. Besonders kritisch wird die Situation, wenn ein Fahrzeug wegen einer Panne liegenbleibt. Die Standspur sei innerhalb des Verengungsbereiches so schmal, daß ein defektes Auto auch eine Fahrspur blockiere, klagt Klaus Schulz. Mit der Inbetriebnahme der Fahrbahn am Sonntag gingen die Bauarbeiten am Aichelberg in die Endphase. Während der fünfjährigen Bauzeit mußte ein ganzer Bergrücken abgetragen werden, um die Steigung von 7 auf 5,3 Prozent reduzieren zu können. Dabei wurden geologisch interessante Gesteinsschichten angegraben, wie sie die Fachleute in dieser Form nie zuvor gesehen hatten. Allein im Stuttgarter Naturkundemuseum lagern 25.000 verschiedene Versteinerungen, die auf dem Grunde des Jura-Meeres entstanden sind und die nun wissenschaftlich ausgewertet werden. Recht rührig waren aber auch Hobby-Geologen, die im Bereich Aichelberg eine Vielzahl interessanter Fossilien sichergestellt haben. Ihre Funde sind bis zum 4. November jeweils mittwochs, samstags, sonn- und feiertags von 10 bis 17 Uhr im Naturkundlichen Museum in Göppingen-Jebenhausen zu sehen.



NWZ Göppinger Kreisnachrichten vom 08.08.1990:
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Am Aichelberg wird seit fünf Jahren gebaut: Tunnel, Brücken und neue Hinweisschilder

Der Aichelberg-Viadukt ist tot - es lebe die neue Autobahn-Trasse. Seit fast fünf Wochen ist die alte Steilstrecke der Autobahn stillgelegt und ein Teil der neuen Fahrbahn für den Verkehr freigegeben. Von einer Erleichterung kann freilich bis jetzt noch nicht die Rede sein, weil die Autos verengt auf eine Richtungsfahrbahn den Baustellen-Bereich passieren müssen. Trotzdem wird den Verkehrsteilnehmern schon jetzt bewußt, daß Steigungen und Kurven wesentlich entschärft sind. Die neue Trasse führt in weiten Bögen an Aichelberg und Maustobel-Klinge vorbei und wird durch einen rund 100 Meter langen Tunnel vom Albvorland getrennt.

Daß an der 8,2 Kilometer langen Neubau-Strecke zwischen der Anschlußstelle Aichelberg und Rasthaus Gruibingen zahlreiche Betonbauten notwendig waren, erfährt der Verkehrsteilnehmer im Vorbeifahren: Mit blauen Hinweisschildern wird stichwortartig auf diese Bauwerke hingewiesen - auf die Grünbrücke sowie auf Maustobel- und Franzosenschlucht-Viadukt. Ein völlig neues Fahrgefühl tut sich hinterm Aichelberg auf, wo die Autobahn, die nach ihrer Fertigstellung im Dezember drei Spuren in jede Richtung haben wird, in einem tiefen Gelände-Einschnitt verläuft. Wo sich einst ein Bergrücken befand, liegt jetzt, bis zu 40 Meter unter dem früheren Gelände-Niveau, die Autobahn. Und drunten im Albvorland hat ein gewaltiger Erddamm die Landschaft verändert. Er ersetzt den altersschwach gewordenen Viadukt und hat zudem die Straße weiter von der Gemeinde Aichelberg weggerückt, die durch einen Schallschutzdamm von der Autobahn getrennt wird.

Während die Anschlußstelle Aichelberg auf ihrer Weilheim zugewandten Seite bereits fertiggestellt ist, sind momentan die Arbeiten auf der anderen Seite in vollem Gang. Einfahrten in Richtung Stuttgart und Ausfahrten aus Richtung Ulm sind deshalb dort derzeit nicht möglich.

Heftig gebaut wird momentan auch noch im Bereich des Rasthauses Gruibingen, wo die aus Boll und Weilheim heranführende Straßen teilweise verlegt werden wurden. Die Kreisstraße aus Boll wird über eine neue Brücke über die Autobahn geführt, die Landesstraße nach Weilheim benützt schon jetzt auf einem kurzen Stück die alte Autobahn-Trasse. Unterhalb des Deutschen Hauses, im Bereich Kaltenwang, ist mittlerweile die Waldweg-Unterführung verschwunden. Durch dieses schmale Tunnel unter der alten Autobahn sind in den zurückliegenden Jahren seit Beginn der Maßnahme die Baustellen-Fahrzeuge gerollt.

Ende 1991 soll die alte Trasse bis auf wenige hundert Meter die zwischen Rasthaus Gruibingen und Franzosenschlucht für die Landesstraße nach Weilheim gebraucht werden, verschwunden sein. Am Aichelberg, zwischen Viadukt und Grünbrücke, wurde bereits damit begonnen, die talseitigen Fahrspuren abzugraben (Bild). Leitplanken sind demontiert, Hinweisschilder abgebaut.

Der erste Spatenstich für die Neubaustrecke liegt übrigens schon mehr als vier Jahre zurück: Am 07. Mai 1986 war die Maßnahme offiziell begonnen worden, nachdem man zuvor bereits umfangreiche Vorbereitungen getroffen hatte. So waren die Brücke beim alten Schafhof in Gruibingen (für die Kreisstraßen-Überführung aus Boll) und die neue Waldwege-Unterführung Kaltenwang bereits 1985 im Bau. In den damaligen Herbstmonaten kreischten rund um den Aichelberg die Motorsägen. Insgesamt standen nämlich der neuen Trasse etwas 30 000 Bäume im Wege. Vorausgegangen war dem Projekt eine über 15jährige Planungsphase.



Der Teckbote vom 14.12.1990:
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Seit gestern offiziell freie Fahrt am "neuen Aichelberg"

Einen berühmt-berüchtigten Autobahn-Engpaß in Süddeutschland gibt es seit gestern endgültig nicht mehr. Mit der offiziellen Verkehrsübergabe ging am Aichelberg eine rund fünfjährige Bauzeit zu Ende, während der ein 7,5 Kilometer langer Steckenabschnitt neu entstanden ist. Enge Kurven wurden entschärft, das Steigungsverhältnis von rund 7 auf 5,3 Prozent reduziert. Neben den drei Fahrspuren pro Richtung wurde jeweils eine Standspur angelegt. Während der Feierstunde auf dem Parkplatz vor dem Aichelberg wies der Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Wilhelm Knittel, darauf hin, durch die 185 Millionen Mark teure Maßnahme würden künftig Stauungen vermieden, die Luft werde nicht mehr unnötig belastet und Energie nicht mehr sinnlos vergeudet. "Gezielter Straßen-Ausbau bedeutet aktiven Umweltschutz", betonte Knittel. Zwar seien dabei Eingriffe in die Landschaft nicht zu vermeiden, doch werde schon heute jede zehnte Mark, die man in den Straßenbau investiere, für begleitenden Umweltschutz ausgegeben. Die Aichelberg-Trasse sei ein Beispiel dafür, wie mit entsprechender Planung (ein 100 Meter langer Tunnel verdeckt einen tiefen Gelände-Einschnitt) eine Straße harmonisch in die Landschaft eingefügt werden könne. Das zukünftige Verkehrswachstum werde jedoch nicht mehr allein von der Straße aufzunehmen sein. Deshalb müsse auch die Eisenbahn als der umweltverträglichste Verkehrsträger ausgebaut werden. Der baden-württembergische Innenminister Dietmar Schlee gab zu bedenken, das Land benötige in den nächsten Jahren rund sechs Milliarden Mark, um im Bereich der Autobahn "das dringenst Notwendige" machen zu können. Auch er vertrat die Auffassung, daß auf dem Verkehrssektor der Schiene eine noch bedeutendere Rolle zukomme als bisher. Gerade hinsichtlich der Schnellbahn-Trasse Stuttgart-Ulm stünden in den nächsten Monaten "wichtige Entscheidungen" an. Nachdem Staatssekretär Knittel und Innenminister Schlee eine Absperrung zur Seite geräumt hatten, war die Strecke, auf der der Verkehr bereits seit einiger Zeit rollte, auf offiziell frei. Demnächst werden am Aichelberg die alten Verkehrsflächen rekultiviert und der mehr als 50 Jahre alte Viadukt beseitigt. Auf unserem Foto ein vorausgesehener Stau der Fahrzeuge der Gäste, die zur offiziellen Eröffnung der Trasse angefahren waren.



NWZ Göppinger Kreisnachrichten vom 04.01.1992:
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Spezialbagger reißen den alten Aichelberg-Viadukt ab

Ein Brückenbauwerk auf dem einst eine der wichtigsten Nord-Süd-Autobahnverbindungen verlief, wird derzeit abgebrochen. Ein Jahr, nachdem der neue Aichelberg-Aufstieg der A8 für den Verkehr freigegeben wurde, wurde mit der Rekultivierung der alten Trasse begonnen, die mindestens 9,5 Millionen Mark kosten wird. Außer dem Aichelberg-Viadukt werden weitere Brücken verschwinden, ein Großteil der alten Fahrbahnen wird renoviert. Die Planer rechnen damit, dass die gesamte Rekultivierung bis Mai 1993 abgeschlossen ist. Verbunden damit sind umfangreiche Baum- und Heckenpflanzungen sowohl an neuen Böschungen als auch anstelle der alten Trasse. Die Fahrbahn-Beläge sind inzwischen abgefräst. Sie werden wieder verwendet. Bagger mit Hydraulik-Zangen brechen Stück für Stück aus dem Brücken-Überbau des Aichelberg-Viadukts. Dort, wo sich Beton und Eisenarmierungen trennen lassen, wird recycelt. Die Betonbrocken sollen in einer Brechanlage zu Schotter verarbeitet werden, das Metall wird verschrottet. Nur jene Betonteile, die nicht von Eisen zu trennen sind, können nicht wieder verwendet werden. Sie werden in den Damm eingebracht, mit dem das Gelände zwischen alter und neuer Trasse modelliert wird. Die rund 40 Betonpfeiler, auf denen der alte Aichelberg-Viadukt liegt, können wegen der Nähe zu Ortschaft und Autobahn nicht einfach gesprengt werden. Gedacht ist lediglich an Lockerungssprengungen, damit die Pfeiler anschließend von Baggern leichter zerkleinert werden können. (Bomm)



NWZ Göppinger Kreisnachrichten vom 31.03.1992:
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Autobahn-Brücke über die Landesstraße wird abgebrochen

Der alte Aichelberg-Viadukt liegt bereits in Trümmern – nun wird auch die Brücke über die nach Weilheim führende Landesstraße beseitigt. Seit gestern ist eine Baufirma damit beschäftigt, die Betonkonstruktion zu zerkleinern. us diesem Grunde muss – wie berichtet – die Landesstraße 1214 zwischen Aichelberg und Weilheim noch bis zum morgigen Mittwoch gesperrt bleiben. Am Donnerstag und Freitag wird dieser Bereich dann wieder halbseitig befahrbar sein. Die Vollsperrung hat zur Folge, dass die Autobahn-Anschlussstelle aus Richtung Stuttgart und in Richtung Ulm nicht direkt aus dem Kreisgebiet (Göppingen) angefahren werden kann. Eine Umleitung ist über Holzmaden – Weilheim ausgeschildert. Autobahn-Benutzer aus Richtung Stuttgart, die nach Göppingen wollen, sollten bereits in Kirchheim die A8 verlassen. Der jetzige Abbruch der alten Autobahnbrücke ist Bestandteil umfangreicher Rekultivierungsmaßnahmen, mit der die frühere Trasse wieder weitestgehend der Natur zurückgegeben werden soll. Die neue Autobahn-Strecke zwischen Aichelberg und dem Rasthaus Gruibingen war im Dezember 1991 für den Verkehr freigegeben worden. (Bomm)



NWZ Göppinger Kreisnachrichten vom 23.05.1992:
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Spektakuläres Schauspiel in der Franzosenschlucht: Autobahnbrücke gesprengt

Auf die Sekunde genau um 19:30 Uhr fielen am Donnerstag (21.05.1992) abend 1700 Kubikmeter Beton in sich zusammen. Denn da legte Obersprengmeister Karl Prinz einen Hebel um – und löste damit eine Vielzahl von präzise abgestimmten Millisekundenzündern aus. So schilderte es Hans Klapper vom Gewerbeaufsichtsamt Göppingen, der ein wachsames Auge auf die Sicherheitsvorkehrungen richtete.

Die alte Autobahnbrücke über die Franzosenschlucht zwischen Aichelberg und Gruibingen wurde zur Hälfte gesprengt. Wochenlang waren neun Sprengmeister mit den Vorbereitungen beschäftigt, 200 Kilo Sprengstoff Ammongelit, mit Sprengschnur verbunden, verschwanden in 720 Bohrlöchern. Der genaue Zeitpunkt wurde vor der Öffentlichkeit geheimgehalten. Denn man befürchtete, dass sich Schaulustige bei diesem spektakulären Ereignis selber in Gefahr bringen könnten, erklärte der Mann vom Gewerbeaufsichtsamt.

Von langer Hand geplant und durchorganisiert, lief am Donnerstag abend alles nach Drehbuch ab. Im Umkreis von 300 Metern hatte die Polizei das Gelände abgesperrt. Die neue Autobahn, die knapp 100 Meter parallel zur alten Trasse verläuft, war 20 Minuten lang gesperrt. Gleich nach der Explosion schwärmten Kehrmaschinen aus und befreiten die Fahrbahnen von den herübergeschleuderten Betonbrocken, damit die Strecke schnell wieder befahrbar war. Auch die Straße zwischen Gruibingen und Weilheim war für eine halbe Stunde gesperrt. – Kompliziert war die Sprengung nicht nur wegen der Größe der Brücke (sie war insgesamt 208 Meter lang). „Auf dem Boden durfte es keine Erschütterungen geben“, erläuterte Hans Klapper. Die neue Autobahn gleich nebenan hätte leicht Schaden nehmen können. Der Untergrund in der Franzosenschlucht sei problematisch, erklärte er weiter. Die Wassermassen, die in Vorzeiten durch das Tal geflossen waren, hatten die unterschiedlichsten Bodenmaterialien angeschwemmt: „Alles durcheinander, das ist keine gute Bodensubstanz.“

Lange wird das jetzige Trümmerfeld nicht liegen bleiben. Ein Abbruchunternehmen, so der Bausachbearbeiter, machte sich gleich an die Arbeit und wird den Schutt in wenigen Wochen abgetragen haben: Spezialbagger mit starken, drei Meter langen Scheren zerlegen die Betonbrocken in handliche Stücke. Diese werden später, zu Kies zermahlen, auf irgendeiner anderen Baustelle ihre Dienste tun. Die zweite Hälfte der Brücke soll zu einem späteren Zeitpunkt gesprengt werden.

Wo heute noch ein Trümmerfeld ist, sollen bald Tiere und Pflanzen einen Lebensraum finden, betont Hans Klapper. Denn die alte A8-Trasse wird abgetragen und renaturiert, das Baumaterial von der Teerdecke bis zur Eisenarmierung wieder verwendet. (Ingrid Lutz)



Süddeutsche Zeitung vom 04.06.1993:
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Alte Autobahnbrücke der A8 am Aichelberg ist jetzt endgültig verschwunden

30 Jahre lang gehörte sie zu den "Wahrzeichen" des Albtraufs am Aichelberg: Die Autobahnbrücke am Albaufstieg der A8 zwischen Stuttgart und München, die direkt an den Ortsrand von Aichelberg angrenzte (links). Inzwischen sind auch die letzten Überreste der alten Brücke verschwunden, der Großteil ihrer Trümmer wurde übrigens dazu benutzt, den Wall aufzuschütten, der die Gemeinde Aichelberg gegen die neue Trasse der A8 abschirmt.



Stuttgarter Zeitung vom 05.07.2002:
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Momente aus 50 Jahren: Dies ist kein autofreier Sonntag

Es ist immerhin die Autobahn Ulm-Stuttgart, auf der dieser Volkswagen fährt. Ein ganz gewöhnlicher August-Werktag im Jahre 1952 war es, an dem dieses Foto geschossen wurde. Da kann es mit dem Ferienverkehr noch nicht so weit her gewesen sein. Allerdings war der Albaufstieg auch noch nicht so autofreundlich erschlossen wie heute. Der Drackensteiner Hang mußte im Gegenverkehr befahren werden, weil die Aufstiegsstrecke über Wiesensteig erst Ende der 50er Jahre (1957) fertiggestellt wurde. Da konnte es dann schon auch mal zu Staus von zehn oder 20 Fahrzeugen kommen, wenn die wegen des Überholverbots hinter einem Lastwagen die Alb hinauftuckern mussten. Damals hatte so eine Autobahn noch etwas Faszinierendes. Und die Fotoapparate haben einiges ausgehalten. Die Bilder seien "mit der Vorkriegs-Rolleicord" seines Vaters geschossen, kommentiert der Fotograf. "Die Qualität der Bilder ist auch daran zu messen, dass meine Mutter den Fotoapparat beim Einmarsch der Franzosen in Korntal für einige Tage im Garten vergraben hatte" (Foto: Fritz Köhler)




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